Förderprogramm "Klimaangepasstes Waldmanagement"
Mit dem Förderprogramm des Bundes für klimaangepasstes Waldmanagement werden erstmals auf großer Fläche Leistungen der Forstwirtschaft außerhalb der Holzproduktion finanziell honoriert. Am 14. November 2022 wurde dieses Programm für die Antragstellung freigeschaltet. Im Folgenden wollen wir Ihnen hierzu einen groben Überblick und einige Hinweise geben. Wenn Sie sich für dieses Förderprogramm interessieren, lesen Sie diese bitte vollständig durch.
Antragstellung
Wie bei der Bundeswaldprämie in 2020/2021 können Förderanträge ausschließlich online über das Portal der FNR (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe) www.Klimaanpassung-Wald.de gestellt werden. Auf dieser Internetseite finden Sie unter den Reitern „Fragen und Antworten“, „Hintergrund“ und „Service“ zahlreiche weitere Informationen und insbesondere Antworten auf Fragen.
Für die Antragstellung benötigen Sie folgende Unterlagen:
o Aktueller SVLFG-Bescheid (als Nachweis für die Antragsfläche)
o Bescheide anderer öffentlicher Förderungen für Maßnahmen zur natürlichen Waldentwicklung (in Niedersachsen sind dies Zuwendungen für Jungbestandspflege und Erschwernisausgleich für Wald in Natura 2000-Gebieten)
o De-minimis-Bescheinigungen der letzten 3 Jahre (hierunter fallen die Bundeswaldprämie 2020/2021 und ggf. weitere Beihilfen wie Agrardieselvergütung, Förderungen aus dem AFP - Agrarinvestitionsförderungsprogramm, sonstige betrieblichen Corona- Beihilfen)
Einzuhaltende Bewirtschaftungskriterien
Um in den Genuss der Förderung zu kommen, müssen Sie bei der Bewirtschaftung Ihrer Wälder für die Dauer der Zuwendung (10 bzw. 20 Jahre, s. u. Bindefrist / Verpflichtungszeitraum) die folgenden Kriterien (Kurzfassung) einhalten:
1. Vorausverjüngung des Vorbestandes
2. Naturverjüngung hat Vorrang
3. Bei künstlicher Verjüngung sind die Baumartenempfehlungen der Länder einzuhalten.
4. Zulassen von Stadien der natürlichen Waldentwicklung (Sukzessionsstadien)
5. Erhalt / Erweiterung der klimaresilienten, standortheimischen Baumartenvielfalt
6. Verzicht auf Kahlschläge
7. Anreicherung und Erhöhung der Diversität an Totholz
8. Kennzeichnung und Erhalt von mind. 5 Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro ha
9. Bei Neuanlage von Rückegassen mindestens 30m, bei verdichtungsempfindlichen Böden mindestens 40m Gassenabstand
10. Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel
11. Maßnahmen zur Wasserrückhaltung (einschließlich Rückbau existierender Anlagen)
12. Natürliche Waldentwicklung auf 5% der Waldfläche
Weitere Zuwendungsvoraussetzungen
Eine Zuwendung wird nur gewährt, wenn der Antrag auf Zuwendung sich auf die gesamte, vom Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland bewirtschaftete Waldfläche bezieht.
Nicht zuwendungsfähig sind Waldflächen,
o auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgenommen werden
o auf denen die Bewirtschaftung aufgrund rechtlicher Vorschriften dauerhaft untersagt ist (z. B. durch Schutzgebiets-Verordnungen)
o auf denen eine natürliche Waldentwicklung bereits aus anderen öffentlichen Förderprogrammen gefördert wird.
Solche Flächen müssen bei der Antragstellung angegeben werden.
Bindefrist / Verpflichtungszeitraum
Die Kriterien 1. bis 11. sind für die teilnehmenden Forstbetriebe 10 Jahre bindend, für das Kriterium 12. „Natürliche Waldentwicklung auf 5% der Waldfläche“ gilt eine 20-jährige Verpflichtung. Wenn keine Haushaltsmittel mehr bereitgestellt werden, entfällt die Verpflichtung.
Finanzierung
Insgesamt stehen in den Jahren 2022 bis 2026 bundesweit 900 Mio. € zur Verfügung, aufgeteilt auf Länderkontingente. Die Vergabe der Mittel erfolgt grundsätzlich in der Reihenfolge des Antragsein-gangs bei der FNR („Windhundprinzip“). Eine Anschlussfinanzierung über 2026 hinaus ist noch nicht geregelt.
Werden die angeführten Kriterien nachweislich eingehalten, erhalten Sie eine jährlich wiederkehrende Zuwendung von
o 85,- €/ha für Forstbetriebe bis 100 ha, die die Kriterien 1. bis 11. einhalten
o 100,- €/ha für Forstbetriebe bis 100 ha, die zusätzlich zu 1. bis 11. auch das 12. Kriterium ein-halten
o 100,- €/ha für Forstbetriebe > 100 ha, die alle 12 Kriterien einhalten müssen (ab 500 ha gibt es Abschläge)
Zuwendungen < 85 € pro Antrag und Jahr werden nicht gewährt.
Jährlicher Nachweis
Den jährlich zu erbringenden Nachweis des klimaangepassten Waldmanagements in Ihrem Forstbetrieb bescheinigen Zertifizierungsorganisationen wie PEFC. Das „normale“ PEFC-Zertifikat reicht jedoch nicht aus, sondern es bedarf eines speziellen kostenpflichtigen PEFC-Zusatzmoduls. Der Nachweis darf erst bei der FNR eingereicht werden, nachdem Sie den Förderantrag gestellt haben und dieser bewilligt wurde. Fragen zu Ablauf, Kontrolle und Kosten sind direkt mit PEFC zu klären www.pefc.de.
Anmerkungen aus Sicht der FBG Ostheide:
Grundsätzlich ist dieses Förderprogramm zu begrüßen. Die einzuhaltenden Kriterien führen jedoch zu betrieblichen Einschränkungen oder Mehraufwendungen, die je nach Ausgangslage sehr unterschiedlich sein können und daher für jeden Einzelbetrieb vor Antragstellung geprüft werden sollten. Aus hiesiger Sicht gilt dies insbesondere für folgende Kriterien:
o Gemäß Kriterium 5 müssen auf Verjüngungsflächen > 50% standortheimische Baumarten gebracht werden. D. h. Kulturen mit 50% und mehr Douglasie oder Roteiche, wie es bislang häufig praktiziert wird, wären nicht mehr zulässig.
o Der Verzicht auf Kahlschläge gemäß Kriterium 6 betrifft auch Schadflächen. So müssen z. B. bei Fichtenbeständen, die infolge von Borkenkäferbefall abgestorben sind, 10% der Derb-holzmasse als Totholz auf der Fläche verbleiben, also 20 bis 40 Fm/ha. Bei erntekostenfreien Erlösen von derzeit rd. 50 €/Fm bedeutet dies Einnahmeverzichte von 1.000 bis 2.000 €/ha.
o Zu Kriterium 8: Mit dem verpflichtenden Erhalt von Habitatbäumen ist zum einen ein Nutzungsverzicht verbunden (i. d. R. wohl verkraftbar). Zum anderen stellen ältere Habitatbäume mit vielen Totästen bzw. bereits gänzlich abgestorbene Bäume ein großes Risiko für die Waldarbeit dar, sodass bei Beachtung der Sicherheitsabstände gemäß UVV auch in angrenzenden Bereichen die Waldbewirtschaftung erheblich eingeschränkt ist.
o Zu Kriterium 9: Vorhandene Rückegassensysteme dürfen weiter genutzt werden. Bei Beständen, die bislang noch nicht erschlossen sind, ist jedoch ein Abstand von mindestens 30m einzuhalten. Diese können dann nicht mehr flächendeckend mit dem Harvester durchforstet werden, d. h. es muss motormanuell zugefällt werden, was die Holzernte spürbar verteuert und das Unfallrisiko deutlich erhöht.
o Zu Kriterium 10: Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist im Wald marginal, zudem gibt es kaum noch für den Forstbereich zugelassene Mittel. Dennoch kann ein Totalverzicht gerade in Kulturen zu massiven Schäden führen (z. B. Fraßschäden durch Mäuse in Laubbaumkulturen oder durch Rüsselkäfer an Douglasie) und somit teure Investitionen vernichten.
o Die Auswahl der 5% Waldfläche, die gemäß Kriterium 12 zukünftig sich selbst zu überlassen sind (für Forstbetriebe bis 100ha freiwillig, >100ha verpflichtend) wird man voraussichtlich auf wenig ertragreiche Bestände bzw. Problemstandorte konzentrieren. Hierbei sollten Fragen der Verkehrssicherung (nicht an öffentlichen Straßen) und der Erschließung (keine dahinterliegende Bestände abschneiden) beachtet werden.
Hinzu kommen der Aufwand für die Festlegung und dauerhafte Markierung der 5 Habitatbäume pro ha, der jährlich wiederkehrende Verwaltungsaufwand und die Kosten für das PEFC-Zusatzmodul. Ebenfalls sind die langen Bindungsfristen von 10 bzw. 20 Jahren zu beachten, insbesondere mit Blick auf bevorstehende Eigentumsübergänge (Erben bzw. Käufer müssen die eingegangenen Verpflichtungen fortführen, andernfalls drohen Rückforderungen).
Wenn Sie sich für die Förderung klimaangepasstes Waldmanagement entscheiden, informieren Sie bitte unbedingt Ihre zuständige Bezirksförsterin / Ihren zuständigen Bezirksförster, da diese entschei-dend zur Einhaltung der Bewirtschaftungskriterien beitragen.
Bitte machen Sie sich unter www.Klimaanpassung-Wald.de und den dort aufgeführten Reitern „Fragen und Antworten“, „Hintergrund“ und „Service“ mit den Details der Förderung vertraut und prüfen, ob diese Förderung für Sie überhaupt in Frage kommt, bevor Sie Rückfragen an Ihre Bezirksförsterin / Ihren Bezirksförster oder an die FBG-Geschäftsstelle stellen.
Für die hier gegebenen Informationen übernehmen wir keine Gewähr hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit.
Stand: 14. November 2022